Wow, so viele Menschen mit Nystagmus! Am 29. September kamen über 200 Menschen in Birmingham zusammen, um mehr über Nystagmus zu erfahren. Natürlich hatten nicht alle 200 selbst Nystagmus. Manche waren auch Mutter, Vater, Partner oder Freund von jemanden mit Nystagmus. Vier Forschungsgruppen aus Großbritannien stellten außerdem Zwischenberichte ihrer Studien vor. Es folgt ein kurzer Überblick über den Open Day und die wichtigsten Neuigkeiten.
Es gibt viele Menschen mit Nystagmus und alle leben ein vielfältiges Leben
Zu Beginn der Veranstaltung wurden mehrere Portraits eingeblendet, um zu zeigen, dass Betroffene ganz unterschiedliche Persönlichkeiten haben und sich durch den Nystagmus nicht die Freude am Leben nehmen lassen, sondern frohen Mutes sind. Als Beispiel wird hier ein Beitrag gezeigt: auf dem Bild wird Freya vorgestellt. Sie hat Jura studiert und beginnt bald ihr Training als Rechtsanwältin. Nystagmus wird sie davon nicht abhalten.
What if? Neues aus der Nystagmus-Forschung
In Großbritannien gibt es vier Forschungsgruppen, die sich ausschließlich mit Nystagmus beschäftigen. Zwei davon werden hier kurz vorgestellt.
Dr. Helen Griffiths von der Universität Sheffield versucht herauszufinden, ob Eye-Tracking-Programme, die versuchen, die Augenbewegungen bei Nystagmus auszugleichen, die Sehkraft verbessern können. Das geschieht mit Hilfe von Virtual-Reality-Brillen. Es ist nicht sicher, dass das funktioniert, bei manchen Patienten haben die ausgleichenden, sich mitbewegenden Bilder dazu geführt, dass die Augen sich noch mehr bewegen. Es wird weiter geforscht, ob diese Technik helfen kann.
Die Universität Southampton versucht mit Hilfe von Gentests die Diagnostik bei Nystagmus-Patienten zu verbessern. Viele Menschen mit angeborenem Nystagmus bekommen keine richtige Diagnose der eigentlichen Ursache. Nystagmus bezeichnet zunächst nur das Symptom, wie Dr. Jay Self klarstellt. Die Forscher in Southampton haben herausgefunden, dass in vielen Fällen eigentlich eine subtile Form von Albinismus die Ursache ist, die bei den üblichen Tests ohne Genuntersuchung nicht erkennbar ist. Der Nystagmus entwickelt sich also in diesen Fällen aufgrund der geringen Melanin-Produktion. Übrigens entwickeln sich die Augen erst richtig nach der Geburt, deshalb wird heute auch manchmal von infantilem, anstatt von kongenitalem Nystagmus gesprochen, es meint aber das Gleiche. Helena Lee forscht, ob es möglich ist, die Entwicklung der Augen bei Kleinkindern durch Medikamente zu unterstützen, welche die Melanin-Produktion anregen.
Was gab es noch?
Neben diesen Vorträgen gab es noch einige Aussteller, die Lesegeräte vorstellten. Solche Geräte können nicht nur den Text vergrößern, sie können sogar Text automatisch vorlesen. Dafür wird eine Foto gemacht, das Gerät erkennt den Text auf dem Foto automatisch und liest diesen vor. Firmen, die diese Geräte herstellen, sind z.B. Humanware und Optelec. In Deutschland kann man diese Geräte bei einer so genannten Low-Vision-Beratung, die von Orthoptisten und speziellen Optikern gemacht wird, ausprobieren und wenn Bedarf besteht, bei der Krankenkasse beantragen.
Zum Ende des Open Days in Birmingham sah man viele glückliche Gesichter, zuletzt wurden noch die Preise der Spenden-Tombola verlost. Ich ging leider leer aus, dabei hatte ich beim Loskauf insgeheim gehofft, vielleicht den Northwick-Bären zu gewinnen. Meinen älteren Bären hatte ich bei einem Berliner Treffen an ein Kind mit Nystagmus verschenkt.
Übrigens: John Sanders und das britische Nystagmus Network haben uns maßgeblich beim Aufbau geholfen und stehen uns immer noch mit Rat und Tat zur Seite. Auch das amerikanische Network ist einer unserer Netzwerk-Partner. Dieses Jahr konnten wir schließlich den gemeinnützigen Verein Nystagmus Netzwerk e.V. in Deutschland gründen.
Text: Hanna Piepenbring