Seniorenkolumne Teil 6

65 Jahre mit angeborenem Nystagmus: Die Seniorenkolumne von Robert*

Nystagmus: Brille oder Kontaktlinsen?

1990 kam die Zeit, dass es sogenannte „weiche torische Kontaktlinsen“ gab. Vielleicht gab es sie schon früher, ich wurde erst jetzt darauf aufmerksam. Da meine Hornhautverkrümmung nicht so stark war, wollte ich es unbedingt mit Kontaktlinsen versuchen, da ich mich mit der Brille noch nie anfreunden konnte. Natürlich zweifelt man daran, ob sich die Linse nicht am Auge aufreibt, das ständig in Bewegung ist. Aber es funktioniert einwandfrei, das kann ich nur sagen. Das Ergebnis war, dass sich meine Sehfähigkeit nochmals verbesserte. Der Optiker bescheinigte mir damals nach Anpassung der Linsen sogar 90 %. Ab diesem Zeitpunkt waren nun tagsüber Kontaktlinsen angesagt, nur am Abend trug ich noch Brille. Ich war höchst zufrieden und glücklich meine ungeliebte Brille zumindest im Beruf los zu sein. Ich fühlte mich um einiges besser und außerdem, vielleicht bildete ich es mir auch nur ein, hatte ich das Gefühl, dass mein Nystagmus weniger auffällt.

Ich bin einfach der Meinung, dass der Nystagmus im eng begrenzten Brillenrahmen mehr auffällt als ohne Brille. Zumindest war es für mich so: Wer keine Brille trägt, kann doch nichts an den Augen haben? Vielleicht ist es auch nur meine subjektive Meinung. Jedenfalls fühlte ich mich wohler, und das mehr als 25 Jahre. Meinen Augen hat es nicht geschadet. Teilweise hatte ich auch „stahlblaue“ Jahreslinsen, die meine grüne Augenfarbe veränderten. Eine Kundin meinte einmal, so eine „supertolle Augenfarbe“ hat sie noch nie gesehen. Die Linsen oder meinen Nystagmus bemerkte sie wohl nicht. Selber schuld.

Inzwischen kommt die Alterssichtigkeit. Mehr als fünf Jahre habe ich im Büro noch Kontaktlinsen auf dem Niveau einer Lesebrille getragen, d. h. dass die Sicht in der Weite ein wenig unscharf war. Aber das war für mich tagsüber im Büro kein Problem, auf der Heimfahrt habe ich dann eine Brille mit Minusstärke in der Differenz getragen (die Hornhautverkrümmung war ja durch die Linse ausgeglichen). Der Augenarzt sagte mir, dass das Einige so machen anstatt eine Lesebrille zu verwenden. Man muss sich nur zu helfen wissen. Waren die Linsen dann am Abend entfernt, war eine normale Brille für die Ferne und eine Lesebrille die Lösung. Multifokallinsen, wie sie heute auf dem Markt sind, will ich nicht mehr probieren. Auch eine Gleitsichtbrille kommt für mich wegen meiner Kopfhaltung leider auch weniger infrage und ist für das Dauertragen nicht geeignet.

Mit den Kontaktlinsen schien sich meine Sehleistung noch zu verbessern. Also kam die nächste Herausforderung. Ich wollte den Bootsführerschein machen. Hier absolute Voraussetzung: 70 % Sehleistung. Mit den Kontaktlinsen bekam ich die Bescheinigung: Sehleistung 80-90 %, Zulassung für den Bootsführerschein kein Problem. Ich bekam beide Führerscheine für Binnen und See innerhalb kurzer Zeit und war später auch mit einem Hausboot in Holland unterwegs (einen Führerschein hätte man dafür aber nicht gebraucht). Aber was man hat, hat man.

Fortsetzung folgt.

*Name anonymisiert.