Im Folgenden findest du noch einmal alle Fakten, die wir für die Wackelige Woche 2021 auf unseren Social Media-Kanälen veröffentlicht haben.
Nystagmus-Fakt 1: Was ist Nystagmus?
Als Nystagmus wird ein Augenzittern bezeichnet, welches durch unfreiwillige Augenbewegungen zum Ausdruck kommt. Das bedeutet, die Augen bewegen sich hin und her, ohne, dass man es möchte.
Das Augenzittern kann angeboren sein oder im späteren Lebensverlauf auftreten. Der angeborene, sogenannte Kongenitale Nystagmus, kann bspw. in Verbindung mit anderen Krankheiten auftreten. Er kann mit Albinismus oder Grauem Star im Kindesalter zusammenhängen. Kongenitaler Nystagmus kann erblich übertragen werden oder aus keinem ersichtlichen Grund auftreten.
Nystagmus kann auch erst im Laufe des Lebens bei einem Menschen auftreten. Grund hierfür kann entweder ein Unfall sein oder eine Krankheit, die den Nystagmus auslöst. (z.B. ein Schlaganfall, Multiple Sklerose oder das Arnold-Chiari-Syndrom).
Menschen mit Nystagmus haben in der Regel Probleme beim Sehen. Es ist aber bei jedem Menschen ganz unterschiedlich. Es gibt Menschen mit Nystagmus, die sogar Auto fahren und es gibt solche, die eine hochgradige Sehbehinderung haben.
Nystagmus-Fakt 2: Einer von 1000 Menschen hat Nystagmus
Wahrscheinlich hat einer von 1000 Menschen in Europa Nystagmus und das ist noch zurückhaltend geschätzt.
Woher kommt diese Zahl? Es gibt in Deutschland keine konkreten Zahlen zu Nystagmus-Patient:innen. In Großbritannien gibt es allerdings Hochrechnungen hierzu, deshalb weiß man, es betrifft sogar 2,4 von 1.000 Menschen.*
Du zweifelst gerade etwas und denkst nach?
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Verteilung in Deutschland komplett anders aussieht. Wahrscheinlicher ist: Für manche Menschen ist der Nystagmus weniger entscheidend, besonders, wenn die Sehschärfe trotzdem gut ist. Des Weiteren spielt für manche Betroffene im späteren Alter die Grunderkrankung eine viel wesentlichere Rolle. Überlege aber mal, wie viele Kinder täglich in Unikliniken untersucht werden, und wie viele Menschen Multiple Sklerose oder Parkinson haben, bei denen Nystagmus eventuell ein Symptom sein kann? Und dann überlege weiter: Würdest du es sofort merken, wenn du jemanden mit Nystagmus triffst? In vielen Fällen bleibt der Nystagmus unsichtbar.
*𝘘𝘶𝘦𝘭𝘭𝘦: 𝘚𝘦𝘭𝘧, 𝘑.𝘌., 𝘦𝘵 𝘢𝘭. 𝘔𝘢𝘯𝘢𝘨𝘦𝘮𝘦𝘯𝘵 𝘰𝘧 𝘯𝘺𝘴𝘵𝘢𝘨𝘮𝘶𝘴 𝘪𝘯 𝘤𝘩𝘪𝘭𝘥𝘳𝘦𝘯. 𝘌𝘺𝘦 𝟹𝟺, 𝟷𝟻𝟷𝟻–𝟷𝟻𝟹𝟺 (𝟸𝟶𝟸𝟶). https://core.ac.uk/download/pdf/286316772.pdf
Nystagmus-Fakt 3: Brille und Kontaktlinsen korrigieren nicht den Nystagmus
Brille oder Kontaktlinsen korrigieren nicht den Nystagmus, sondern andere zusätzliche Einschränkungen wie Kurzsichtigkeit.
Viele Nystagmus-Patient:innen kennen diese Sprüche: „Warum holst du dir keine Brille?“ Oder: „Warum holst du dir keine bessere Brille?“ Ob Betroffene eine Brille tragen, hängt von zusätzlichen Augenproblemen wie bspw. Myopie (Kurzsichtigkeit) oder Astigmatismus (Stabsichtigkeit) ab, nicht vom Nystagmus.
(Eine Ausnahme sind Prismen-Gläser: Diese können in manchen Fällen z.B. leichte Kopfzwangshaltungen korrigieren. Aber, das ist nochmal ein anderes Thema..)
Nystagmus-Fakt 4: Nystagmus ist ein Symptom
Das Augenzittern Nystagmus beschreibt erst einmal ein Symptom.
Wenn man Nystagmus hat, wird auch nach einer Ursache geschaut. Die Ursachen und Grunderkrankungen können bei angeborenem wir erworbenem Nystagmus ganz unterschiedlich sein. Mögliche Grunderkrankungen sind z.B. Albinismus (angeboren) oder im späteren Lebensverlauf Multiple Sklerose.
Es gibt auch viele Menschen, bei denen die Ursache unbekannt ist, bei diesen steht dann „idiopathisch“ auf dem Befund. Das bedeutet so viel wie „Ursache unbekannt“.
Da viele Augenerkrankungen gleichzeitig ein Symptom sind, kannst du Nystagmus natürlich trotzdem zusätzlich als Augenerkrankung bezeichnen. Also: Du kannst im Alltag beides sagen, „Symptom“ oder „Augenerkrankung“, das ist dir überlassen.
Nystagmus-Fakt 5: Nystagmus hat mehr Auswirkungen als die gemessene Sehschärfe verrät
Forscher:innen haben inzwischen erkannt, dass der standardisierte Sehtest mit einer Sehtafel nicht alle Auswirkungen von Nystagmus erklären kann.
Menschen mit Nystagmus brauchen meistens mehr Zeit, um etwas sehen und erkennen zu können als Menschen ohne Nystagmus. Da sich die Augen ständig bewegen, hat das Auge nur kurze Momente, um sich auf das Bild von Interesse zu konzentrieren. Das Gehirn nutzt diese kurzen Augenblicke, um das Bild zu erfassen. Dieser Prozess dauert länger und ergibt weniger klare Eindrücke als bei Menschen, deren Augen sich in Ruhe befinden.
Das Sehvermögen kann im Laufe des Tages schwanken und kann von emotionalem sowie körperlichen Erscheinungen wie z.B. Müdigkeit, Nervosität, Anspannung oder auch von dem Einfluss einer unbekannten Umgebung beeinträchtigt werden.
Nystagmus-Fakt 6: Jeder Mensch ist unterschiedlich, der Nystagmus auch!
Natürlich gibt es viele Gemeinsamkeiten bei den Auswirkungen von Nystagmus. Über diese schreiben wir auch hier auf unserer Homepage. Allerdings heißt das nicht, dass die Auswirkungen immer gleich sind.
Viele Menschen mit Nystagmus haben eine sogenannte 𝘒𝘰𝘱𝘧𝘻𝘸𝘢𝘯𝘨𝘴𝘩𝘢𝘭𝘵𝘶𝘯𝘨, sie halten den Kopf etwas schief, auf diese Weise suchen die Augen den Punkt des ruhigsten Sehens. Aber nicht alle Menschen mit Nystagmus drehen den Kopf beim Fokussieren in eine Richtung. Manche haben auch eine Kopfzwangshaltung, die je nach Situation mal in die eine, mal in die andere Richtung geht.
Es gibt Menschen mit Nystagmus, deren Augenbewegungen kaum für andere sichtbar sind. Andere haben Augenbewegungen, die stärker sind, sodass andere sie meistens wahrnehmen.
Es ist wichtig zu wissen, dass es individuell unterschiedlich sein kann. Das erste, was sich Menschen mit Nystagmus oft gegenseitig fragen ist: „Welche Sehschärfe hast du?“ Denn diese kann auch ganz unterschiedlich sein.
We ist der Nystagmus bei dir? Erzählst du anderen Menschen in der Wackeligen Woche von deinem Nystagmus?
Redaktion: Hanna Piepenbring